Yvonne Fothe | Mindturner-Autorin | Psychothriller | Berlin
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Meine Schreibroutine – und warum sie ständig kippt

19. Oktober 2025・Handwerk

Eine ehrliche Betrachtung darüber, warum Schreiben Disziplin braucht – aber Freiheit noch mehr.

1. Wenn Routine auf Realität trifft

Es gibt Tage, da stehe ich morgens auf, mache mir Kaffee, öffne Ulysses – und alles fließt.
Die Wörter kommen wie von selbst. Ich verliere mich in Szenen, Dialogen, in Noras Welt.
Und dann gibt es diese anderen Tage.
Die, an denen ich dreimal den Laptop aufklappe, zwischendurch Wäsche wasche, den Hund füttere, kurz bei Instagram lande – und plötzlich ist es Abend. Kein einziger Satz geschrieben.

Nur der leise Gedanke: Was stimmt mit mir nicht?

2. Die romantische Idee von Routine

In Schreibratgebern klingt alles so einfach: „Finde deine Routine“, „Schreib jeden Tag zur gleichen Zeit“, „Mach es zur Gewohnheit“.
Ich habe das alles ausprobiert. Frühmorgens vor der Arbeit schreiben, spätabends im Bett schreiben, mit Timer, ohne Timer, mit Musik, ohne Musik.
Und ja, manches davon funktioniert. Für den Moment.

Aber Schreiben ist kein Zahnarzttermin.
Es ist kein „Slot“ im Kalender, den man einfach blockt und abhakt.
Zumindest für mich nicht.

Ich kann mich hinsetzen, ja. Ich kann mich disziplinieren.
Aber ob mein Kopf dann tatsächlich bereit ist, sich zu öffnen, ob sich die innere Stimme zeigt – das ist eine andere Geschichte.
Manchmal bleibt sie stumm.
Manchmal will sie reden, aber über etwas anderes.
Und manchmal kommt sie erst, wenn ich längst aufgehört habe, auf sie zu warten.

3. Warum Routinen wichtig sind – und trotzdem brüchig bleiben

Natürlich weiß ich, warum Routinen so oft empfohlen werden.
Sie schaffen Sicherheit. Sie signalisieren dem Gehirn: Jetzt ist Schreibzeit.
Sie können helfen, kreative Energie zu bündeln, den Perfektionismus zu zähmen und den Einstieg zu erleichtern.
Gerade im Psychothriller-Genre, wo Spannung, Struktur und Emotion fein verwoben sind, braucht man eine gewisse Disziplin, um nicht im Chaos zu versinken.
Routinen sind das Geländer, an dem man sich entlangtastet, wenn man in die Tiefe steigt.

Aber sie sind eben auch starr.
Und Kreativität ist nicht starr.
Sie pulsiert, schwankt, wechselt die Form.
Mal ist sie laut und voller Ideen, mal leise und schwer greifbar.
Wenn ich versuche, sie in enge Zeitfenster zu pressen, wird sie dünnhäutig. Dann sitze ich da, starre auf den Cursor  und alles fühlt sich an wie Zwang.

Ich habe gelernt: Eine Schreibroutine funktioniert nur, wenn sie mit mir arbeitet, nicht gegen mich.
Wenn sie flexibel bleibt.
Wenn sie atmet.

4. Warum sie bei mir so oft kippt

Ich bin jemand, der gerne plant. Ich liebe Struktur, Listen, klare Ziele.
Aber mein kreativer Prozess funktioniert selten linear.
Ich kann an einem Montag eine Szene schreiben, die mich komplett trägt und am Dienstag merke ich, dass ich an einer anderen Stelle – oder an einem ganz anderen Projekt – weitermachen muss, weil mein Kopf gerade dort „offen“ ist.
Wenn ich dann an meiner geplanten Routine festhalte („Dienstag Kapitel XX zu Ende schreiben“), fühlt sich alles an, als würde ich gegen mich selbst anschreiben.

Oft kippt die Routine aber auch, weil mein Kopf einfach zu voll ist.
Wenn ich weiß, dass noch Wäsche in der Maschine wartet, dass die Küche aussieht, als hätte jemand darin experimentiert, oder dass ich noch drei To-dos von der Arbeit offen habe – dann kann ich nicht schreiben.
Ich kann vielleicht plotten, planen, Ideen notieren. Aber um wirklich in die Geschichte einzutauchen, brauche ich einen freien Kopf.
Und den habe ich erst, wenn die Dinge um mich herum geordnet sind.

Es ist, als müsste ich erst das Außen aufräumen, damit das Innen still wird.
Erst wenn die Geschirrspülmaschine läuft, der Hund satt ist und mein Schreibtisch halbwegs leer, kann ich loslassen.
Dann darf die Geschichte Raum einnehmen.
Alles andere stört nur den Klang.

5. Der Unterschied zwischen Disziplin und Druck

Lange Zeit habe ich Routine mit Disziplin verwechselt – und Disziplin mit Druck.
Ich dachte: Wenn du das wirklich willst, dann schreibst du auch, egal wie du dich fühlst.
Das Ergebnis war: Ich schrieb, ja. Aber die Texte waren leblos. Korrekt, sauber, handwerklich okay – aber ohne Tiefe.
Erst als ich mich traute, den Druck loszulassen, entstand wieder Resonanz.

Heute ist Disziplin für mich etwas anderes.
Es bedeutet nicht, mich zu zwingen, sondern mir Raum zu schaffen.
Es bedeutet, das Schreiben möglich zu machen, nicht, es zu erzwingen.
Dazu gehört auch: mir selbst zu erlauben, Pausen zu machen, To-dos abzuarbeiten, bevor ich eintauche.
Denn manchmal ist das Nicht-Schreiben Teil des Schreibprozesses.

6. Wie ich meine Routine heute lebe

  • Ich schreibe abends.
    Weil mein Kopf dann ruhiger wird und der Tag sich gelegt hat.
    Meistens zwischen 20 und 23 Uhr, manchmal auch später.
    Das Licht ist gedimmt, der Hund schläft, Berlin klingt leiser.
  • Ich beginne nie mit einer leeren Seite.
    Ich öffne immer den letzten Absatz vom Vortag. Das ist mein Anker.
    Ich lese ihn, höre den Rhythmus, komme wieder rein.
  • Ich setze mir Mini-Ziele.
    Nicht „heute 3 000 Wörter“, sondern: „Heute schreibe zwei Beats aus meinem Plot von Kapitel 17“
    Das ist greifbar, emotional – und viel motivierender.
  • Ich höre auf, wenn ich im Fluss bin.
    Klingt paradox, funktioniert aber. Ich beende eine Sitzung nie dort, wo es stockt, sondern mitten in einer Szene.
    So weiß ich beim nächsten Mal sofort, wo ich wieder ansetzen kann.
  • Ich reflektiere wöchentlich.
    Ich frage mich: Was hat funktioniert? Was hat mich blockiert?
    Keine Selbstanklage, sondern ehrliche Bestandsaufnahme.

Das ist meine Routine: ein bewegliches System, das mich hält, ohne mich festzuhalten.

7. Warum Kippen manchmal der einzige Weg ist

Ich glaube inzwischen, dass eine Routine, die nie kippt, keine echte ist.
Sie ist dann ein Ritual ohne Leben.
Kreatives Arbeiten ist kein Maschinenlauf, sondern ein ständiges Nachjustieren.
Es ist ein Balanceakt zwischen Struktur und Freiheit, zwischen Kontrolle und Hingabe.

Wenn meine Routine kippt, zeigt mir das, dass etwas in mir gerade anders fließt und dass ich hinhören darf.
Manchmal bedeutet das: erst den Kopf frei bekommen. Dann schreiben.
Und das ist kein Scheitern.
Es ist das Atemholen zwischen zwei Wellen.

8. Fazit: Schreiben als lebendiger Rhythmus

Meine Schreibroutine kippt. Regelmäßig.
Und das ist gut so.
Denn jedes Kippen zwingt mich, mich neu auszurichten, tiefer hinzuhören, ehrlicher zu schreiben.
Ich brauche keine Routine, die mich festnagelt. Ich brauche eine, die mitschwingt.

Vielleicht ist das die eigentliche Kunst des Schreibens:
Nicht das tägliche Sitzen, sondern das tägliche Zurückfinden.
Immer wieder.
Zu mir.
Zum Text.
Zum Klang einer Geschichte, die nur dann entstehen kann, wenn ich ihr den Raum gebe, sich selbst zu zeigen.

Und manchmal reicht dafür ein einziger freier Kopf.

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